Bürgerschaftssitzung am 28.03.2019

14.04.2019 Berichte über Bürgerschaftssitzungen

Der Countdown läuft. Diese März-Sitzung der Bürgerschaft ist die vorvorletzte vor der Kommunalwahl am 26. Mai 2019. Wird man in den Diskussionen merken, dass der Wahlkampf mittlerweile eröffnet ist?

Die Bürger fordern uns jedenfalls nicht besonders heraus. Die Einwohnerfragestunde zu Beginn der Sitzung wird nicht dazu genutzt, Fragen zu stellen oder Anregungen zu geben.

Und was war das? Fast ein Viertel der Bürgerschaftsmitglieder fehlte in der heutigen Sitzung. Wie der Präsident mitteilte, eine wohl ungewöhnlich hohe Quote. Aber beschlussfähig war das Gremium dennoch und konnte sogleich eine Änderung der Tagesordnung beschließen. Ein neuer TOP musste wegen einer festen Terminkette noch aufgenommen werden, doch dazu später. Nach der üblichen Bestätigung des Protokolls der vorherigen Sitzung (erst danach kann das Protokoll der Öffentlichkeit über das Ratsinfosystem zur Verfügung gestellt werden) ging es schnell zum Bericht des Bürgermeisters, den Sie im O-Ton hier nachlesen können.

Bemerkenswert, dass der Bürgermeister kurz auf die Initiative „Baukultur“ einging, die sich für eine Troglösung statt einer Brücke über den Mühlenteich einsetzt. Es war ihm wichtig, darauf zu verweisen, dass sich die Bürgerschaft für eine andere Vorzugsvariante, eben die Brücke, entschieden hat und sich die Unterstützung der Initiative daher gegen den Bürgerschaftsbeschluss richtet. (Hinweis allerdings: Als die Bürgerschaft vor einem Jahr ein Votum abgeben sollte, stand die Troglösung nicht zur Auswahl zur Verfügung. Und weder sind die Planungen des Landes abgeschlossen noch der erste Spatenstich getan, so dass neue Erkenntnisse noch berücksichtigt werden können.)

Bei den Vorlagen des Bürgermeisters ging es heute nur um die Annahme von Zuwendungen (Spenden), die die Verwaltung nicht ohne Bestätigung der Bürgerschaft vereinnahmen darf. Und hier war dann auch der TOP zu behandeln, der heute noch wegen Dringlichkeit in die Tagesordnung aufgenommen wurde. Aufgrund einer Erbschaft soll der Hansestadt Wismar ein kleines Sümmchen zufließen. Aber Erbschaften können auch (innerhalb einer recht kurzen Frist) ausgeschlagen werden, wenn aus Sicht des Empfängers die Nachteile die Vorteile überwiegen. Das wurde von der Verwaltung geprüft und der Bürgerschaft empfohlen, die Erbschaft nicht auszuschlagen. So ist es dann auch beschlossen worden.

Sechs Anträge der Fraktionen und Bürgerschaftsmitglieder blieben dann noch zu beraten und zu beschließen.

Die Fraktion DIE LINKE und beigetreten auch die SPD-Fraktion schlugen vor, dass sich die Hansestadt Wismar der Weltkonferenz der Bürgermeister für den Frieden anschließt und in Person des Bürgermeisters Thomas Beyer Mitglied von „Mayors for Peace“ wird. Trotz der dem Antrag beigefügten Unterlagen blieben ein paar Fragen zu klären. Welche Kosten entstehen der Stadt durch die Mitgliedschaft?  Eine Frage, die trotz aller Friedensunterstützung gestellt werden muss, da die Stadt im Zuge der Haushaltssicherung einige Mitgliedschaften beendet hat. Die Aktion, die es schon seit etlichen Jahren gibt, wird für Deutschland durch Hannover koordiniert. Interessiert an den bisherigen konkreten Maßnahmen wurde die Idee vorgebracht, Vertreter aus Hannover dazu einzuladen. Das Friedensziel wurde für das Jahr 2020 formuliert, ein Jahr also, dass unmittelbar vor der Tür steht. Gibt es Aktualisierungen der Ziele? Was wird genau von den Mitgliedsstädten erwartet? Der angesichts dieser Fragen gestellt Vertagungsantrag wurde abgelehnt; der Hauptantrag mit Mehrheit angenommen.

Ein „netter“ Antrag der CDU-Fraktion führte zur engagiertesten Diskussion des Abends. Der Bürgermeister sollte mit der Prüfung beauftragt werden, ob das Projekt „Nette Toilette“ in der Hansestadt Wismar eingeführt werden kann. Bei teilnehmenden Gastronomen und Hotels mit „Netter Toilette“ können Bürger und Touristen die Toiletten während der Öffnungszeiten auch ohne Verzehr etc. kostenfrei nutzen. Im Gegenzug werden den Unternehmern von der Kommune die zusätzlich entstehenden Unterhaltungskosten erstattet. Aufkleber im Eingangsbereich weisen auf die Teilnahme am Projekt hin. Warum man sich über diese gut gemeinte Idee so aufregen musste, wie Frau Runge, war nicht nachvollziehbar. Sie schilderte zunächst ihre „Toiletten-Probleme“, die sie bisher immer ohne öffentliche Toilette gelöst hat, bevor sie dann den Antrag der CDU mit den Worten abwatschte, sie habe gedacht, mit deren Anträgen ginge es nicht schlimmer. Zu fragen war vielmehr, ob es in Wismar einen entsprechenden Bedarf gibt oder ob die Anzahl, der Zustand, die Beschilderung der öffentlichen Toiletten in allen Stadtteilen ausreichend ist. Um genau das zu prüfen, haben wir den Antrag gestellt, diesen Antrag in den Verwaltungsausschuss zu verweisen. Und so wurde es dann auch mehrheitlich beschlossen.

Beschlossen wurde auf Antrag der CDU-Fraktion auch eine zentrale Veranstaltung der Hansestadt Wismar zum 30. Jahrestag der „Friedlichen Revolution“.

Die Fraktion FDP/GRÜNE machte den erneuten Vorstoß, die Verteilung der Sitze nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit gerechter zu gestalten. Die Geschäftsordnungen der Gemeindevertretungen anderer Städte sehen das Hare-Niemeyer-Verfahren für die Stimmverteilung in den Ausschüssen vor, so zum Beispiel die Geschäftsordnungen der Landeshauptstadt Schwerin oder des Kreistages Nordwestmecklenburg. Dieses Verfahren benachteiligt nicht die kleineren Fraktionen und da man ja nicht weiß, wie sich die Mehrheiten nach der Kommunalwahl darstellen werden, war nun die Mehrheit für die Änderung der Geschäftsordnung.

Und noch einmal war die Fraktion FDP/GRÜNE mit einem Antrag dran. Die Bürgerschaft sollte eine Selbstverpflichtung beschließen, nach der innerhalb der Altstadt, in den Grenzen des Sanierungsgebietes Altstadt und des Erweiterungsgebietes Altstadt für jeden gefällten Baum im öffentlichen Raum zwei neue Bäume zu pflanzen sind. Das Bewusstsein habe sich geändert und viele Menschen bringen zum Ausdruck, dass sie Wismar nicht als steinerne Stadt, sondern mit mehr Grün haben wollen. Immer mehr Versiegelung finde statt, früher gab es mehr Bäume, mehr gesunde Bäume. Und heute ist wohl Mut erforderlich, eine solche Verpflichtung einzugehen. Der Bürgermeister hatte Bedenken gegen eine so pauschale Forderung. Dennoch bekam der Antrag auf Verweisung dieses Antrages in den Bauausschuss die Mehrheit.

Schließlich war es nochmal die Fraktion FDP/GRÜNE, die den Antrag einbrachte, dass der  Bürgermeister die notwendigen Verfahrensabläufe einleiten soll, um die Überschwemmungsgebiete und überschwemmungsgefährdeten Gebiete nach § 246a Baugesetzbuch im Zusammenhang mit § 5 Absatz 4a in den Flächennutzungsplan zu übernehmen und den Flächennutzungsplan neu bekannt zu machen. Hierzu gab es vor der Bürgerschaftssitzung die Information, dass das Notwendige schon jetzt vorliege. Damit konnte der Antrag keine Mehrheit mehr erhalten und wurde abgelehnt.

Der öffentliche Beschlussteil der Sitzung war nun beendet und es folgte die Beantwortung der Anfragen der Fraktionen, bei denen es um ein Kita-Online-Anmeldesystem, die Baumfällungen in der Claus-Jesup-Straße und um die Betreuung in der Obdachlosenunterkunft Lübsche Straße ging.

Und nach drei Beschlüssen im nicht öffentlichen Teil (zwei Vergaben von Straßenbauleistungen, Auftragsvergabe Dokumenten-Management-Software) war die Sitzung schon um 19:25 Uhr zu Ende und wir konnten den Tag bei einem Glas Wein gut ausklingen lassen.