Bürgerschaftssitzung am 31.05.2018

08.06.2018 Berichte über Bürgerschaftssitzungen

In der heutigen Bürgerschaftssitzung wurde (erneut) deutlich, dass das Ehrenamt in der Hansestadt Wismar zumindest bezüglich der arbeitsintensiven und bisweilen aufreibenden Arbeit in der Bürgerschaft nicht gut „gepflegt“ wird: der Bürgerschaftssaal ist heiß und stickig, die Akustik eine mittlere Katastrophe und die Unterstützung konstruktiver Diskussionen bisweilen unzureichend. Zum letzten Punkt haben wir hier unter der Überschrift „Anträge zurückgezogen“ schon ausführlich berichtet. Dieser Ärger soll hier nun ausgespart bleiben. Anderes gibt es noch zu berichten.

In der Einwohnerfragstunde meldete sich eine Neubürgerin zu Wort. Ihr ging es darum, deutlich zu machen, dass es in der Hansestadt trotz einiger Neubaugebiete noch Handlungsbedarf zur Schaffung von bezahlbarem und adäquaten Wohnraum für junge Familien gibt. Sie schlug vor, dass die Stadt noch mehr darauf achtet, dass solcher Wohnraum auch innenstadtnah und nicht nur durch Einfamilienhäuser gedeckt wird. Sie regt an, dass mehr mit städtebaulichen Wettbewerben gearbeitet wird und die Interessen der Stadt mehr bei der Investorensuche und der Projektentwicklung berücksichtigt werden.

Breiten Raum nahm im Bericht des Bürgermeisters der Großbrand am Marktplatz ein, dem zwei denkmalgeschützte Häuser nahezu vollständig zum Opfer fielen, der Wohn- und Arbeitsraum vernichtet hat. Er sprach allen Einsatzkräften und Helfern großen Dank aus und bereitete sodann alle darauf vor, dass es durch die Sicherung der einsturzgefährdeten Häuser und bis zum Wiederaufbau noch lange Zeit Einschränkungen und Behinderungen am Marktplatz und in der Mecklenburger Straße geben wird. Am 3. Juli wird eine Dankesveranstaltung für die Einsatzkräfte stattfinden. Weitere Informationen können Sie bei Interesse hier den öffentlichen Mitteilungen Bürgermeisters entnehmen.

Hinsichtlich der behandelten Anträge blieben neben der Änderung des Bebauungsplanes für das Molkereiviertel zwei berichtenswerte Themen übrig.

In einer Vorlage der Verwaltung wurde beantragt, die Kostenbeiträge zur Heranziehung der Personensorgeberechtigten zur Kostenbeteiligung an der Beschaffung von Unterrichts- und Lernmitteln ab dem Schuljahr 2018/2019 zu pauschalieren und auf 30,68 Euro je Schülerin und Schüler festzulegen. Für Schülerinnen und Schüler an öffentlichen Schulen besteht nach § 54 Schulgesetz Mecklenburg-Vorpommern Lehrmittelfreiheit. Lediglich für Gegenstände und Materialien, die im Unterricht bestimmter Fächer verarbeitet und danach von den Schülerinnen und Schülern verbraucht werden oder bei ihnen verbleiben, können gemäß § 54 Abs. 3 Satz 2 Schulgesetz Mecklenburg-Vorpommern Kostenbeiträge erhoben werden, höchstens jedoch in Höhe von 30,68 Euro pro Schuljahr. Laut Verwaltung übersteigen in allen Wismarer Schulen diese Ausgaben regelmäßig den festgelegten Höchstbeitrag, daher könne die verwaltungsaufwändige Ermittlung je Schüler entfallen.

Diesem Ansinnen wollten wir mit unserem Änderungsantrag entgegentreten und die Bürgerschaft zu dem Beschluss motivieren, diese Kostenumlage gänzlich abzuschaffen, so wie es auch in anderen Städten und Kreisen in Deutschland diskutiert und schon beschlossen wurde. Und anders, als es uns Frau Hagemann glauben machen wollte, gibt es nach dem Schulgesetz keine Pflicht zu dieser Umlage, sondern nur die Berechtigung, diese zu erheben.

Die Umlage, die zu einem großen Teil aus Kopierkosten besteht, widerspricht der Lehrmittelfreiheit. Warum gibt es freie Schulbücher, die dann doch nicht für die Vermittlung des Unterrichtsstoffes ausreichen? Wie ist es vertretbar, dass es keine Ermäßigung und keinen Erlass für finanziell nicht so gut aufgestellte Familien, oft mit mehreren Kindern, gibt? Das Bildungs- und Teilhabepaket kann das nicht auffangen, andere Notwendigkeiten können dann nicht gedeckt werden. Wie verträgt sich die zusätzliche Papierflut mit ökologischen Aspekten des sparsamen Papierverbrauchs? Ist das eigentlich vom Schulgesetz gemeint, wenn dort von Gegenständen und Material die Rede ist, welche von Schülern im Rahmen des Unterrichts verbraucht werden oder beim Schüler verbleiben? Was „kostet“ der Verwaltungsaufwand in den Schulen und in der Verwaltung für die Erhebung der Umlage? Wie wird mit säumigen Zahlern umgegangen? Der Gesamtetat, vor allen Dingen, wenn ein wenig mehr Zurückhaltung eintreten würde, hält sich im Stadthaushalt sehr in den Grenzen; er wird nicht maßgeblich zur Entschuldung der Hansestadt beitragen können. Und wir teilen auch nicht die Auffassung des Bürgermeisters, dass dieses eine Bevormundung der Lehrer wäre. Nun zugegeben, unser Anliegen haben wir nicht ganz deutlich zum Ausdruck gebracht. Es ging nicht um die Ablehnung der Pauschale, sondern um die gänzliche Abschaffung der Umlage. Die Pauschale wurde mehrheitlich beschlossen; vielleicht sollten wir das nochmal aufgreifen. Was meinen Sie?

Von den Fraktionsanträgen blieb nur noch der „Fahrrad-Antrag“ der Fraktion Die LINKE, deren Anliegen, die Fußgängerzone von fahrenden Fahrrädern zu befreien nach der ersten Antragstellung in den Ausschüssen beraten wurde. Die Meinungen in der Bürgerschaft und in der Bevölkerung sind sehr gespalten. Sind Fahrradfahrer auf dem Boulevard eine Belästigung für die Fußgänger? Würde ein Fahrverbot das Fahrradfahren in der Hansestadt erschweren und unattraktiv machen? Frau Wienecke stellte den nunmehr angepassten Antrag vor, nach dem das Fahrverbot in den Monaten April bis einschließlich Oktober nur in der Zeit zwischen 19.00 und 10.00 Uhr freigegeben werden soll. In den übrigen Monaten soll die Fußgängerzone weiterhin für den Radverkehr vollständig geöffnet bleiben. Sie verwies darauf, dass die Städte überwiegend solche Regelungen haben. In der Diskussion gab es Befürworter, denn den Fahrradfahrern fehle es manchmal tatsächlich an der Rücksichtnahme. Aber Radfahrer haben eine große Lobby, Fußgänger, die sich auch in Wismar bisweilen unwohl und belästigt fühlen, wohl nicht (Die Initiative Fuß e.V. ist in Wismar noch nicht aktiv.). Und dabei hilft es wenig, dass von der Polizei wenig bis keine echte Unfälle zwischen Fahrradfahrern und Fußgängern gemeldet werden. Entgegen Frau Runges Hinweis, ist auch gefühlte Unsicherheit ernst zu nehmen. Einige unserer Mitglieder haben daher auch für das zeitlich begrenzte Fahrverbot gestimmt. Insgesamt hat der Antrag aber keine Mehrheit bekommen. Der zweite Teil des Antrags bezog sich darauf, dass sich Wismar an der Radsam-Kampagne beteiligt. RADSAM “wirbt für ein achtsames und rücksichtsvolles Miteinander von Fußgängern und Radfahrern in innerstädtischen Fußgängerzonen. Die Kampagne macht besonders darauf aufmerksam, die Bedürfnisse des jeweils anderen Verkehrsteilnehmers zu verstehen. Ob jemand mit dem Rad unterwegs ist oder zu Fuß, alleine ist man nie in der Stadt. Deshalb ist es so wichtig, aufeinander zu achten. Die RADSAM Kampagne will diesen guten „RAD“ verbreiten.” Die Beteiligung wurde einstimmig beschlossen. Wir sind gespannt, ob, wann und wie die Umsetzung erfolgen wird!

Damit war der öffentliche Teil der Bürgerschaft beendet. Im nichtöffentlichen ging es dann recht schnell, Vergaben waren zu bestätigen, ein Erschließungsvertrag und der Verkauf eines städtischen Flurstücks zu beschließen.

Und so waren wir froh, dass ungeplant, aber sehr angenehm, diese Sitzung an einem ungewöhnlich warmen Mai-Donnerstag einigermaßen früh zu Ende ging.